Bach: Meine Serviette als Siegertreppchen

Veröffentlicht auf von Helmut Jacob

Schließlich fanden wir doch zum Hotel.

Bis kurz vor Luxemburg - kein Problem.

Dann aber - offenbar verpaßten wir eine Abfahrt. Nach etlichem Hin und Her fanden wir's doch. Netter Abend mit letzten Planungen für "morgen".

Am nächsten Tag dann das Treffen der Kranken-Seelsorger. Meine These: Krankenseelsorge beginnt bei Gesunden: Wer als Gesunder glaubt: Hast du was, bist du was, der muß sich wie ein "Mensch zweiter Wahl" vorkommen, wenn er die Gesundheit verlor.

Lange sprachen wir über: Ich habe, also bin ich, und über: Ich werde gehalten, also bin ich. Glaube kontra Leistungsideologie,

Kirche nicht als gesellschaftlicher Stabilisator,

sondern als humane Kritik, als Lobby der "kleinen Leute" Ein langer Tag, gute Gespräche, ehrliche Begegnungen.

Dann waren wir eingeladen zum Abendessen im Leitungsteam. Mehrere Gänge, fast nicht mehr diakonisch, trotzdem (oder deshalb) - es schmeckte vorzüglich.

Spät abends,

als meine Frau mir vom Rollstuhl ins Bett half: Was hast Du denn da?

Auf meinem Schoß lag die vornehme Stoff-Serviette aus dem Restaurant, fünf Stockwerke tiefer.

Ich hatte vergessen, sie wieder auf den Tisch zu legen. Geklaut hatte ich sie also nicht - ehrlich. Aber sie zurückgeben? - Kommt nicht in Frage! Rollstuhl kann auch gewisse Vorteile haben. Wer hat schon zu Hause

eine Hotel-Serviette, die er nicht klaute? Ich, ich habe eine!

So 'was hat so rasch kein zweiter. Und manchmal,

wenn meine Frau mir eine besondere Freude machen will, legt sie mir abends

meine luxuriöse Luxemburgische Serviette neben den Teller. Und tief innen

spüre ich in mir eine diebische Freude: Hast du was, bist du was!

 

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